Auf den Spuren des Rumänit
Eine Bernstein-Erlebnisreise in die Vergangenheit


Colti - am Südostrand der Karpaten
Chihlambar = rumänisch "Bernstein"


Vorbemerkung: siehe auch "Rumänit" unter Info "Fundorte aus aller Welt"

An der letzten großen Bernsteinreise konnte ich leider nicht teilnehmen, deshalb organisierte und legte "Orlando" extra für mich diese Reise in meinen Osterurlaub - DANKE!
Auslöser war das Buch "Tränen der Götter", in dem auf 20 Seiten (!) über den seltenen rumänischen Bernstein geschrieben wird. Viele kleine Fundstellen soll es dort am Rande der Karpaten gegeben haben, die meisten bei Colti (gesprochen Koltsch). Nachdem die Abbaumengen in den Jahren ab 1933 insgesamt (!) auf 10-20 kg pro Jahr zurückgegangen waren, wurde die Förderung eingestellt. Die Schächte und Stollen verfielen und sind heute, nach über 70 Jahren, nicht mehr zu sehen. Also fuhr ich ohne große Erwartungen los.
Vor der Reise ins Draculaland warnte man mich von allen Seiten: "Nie alleine gehen, Wertsachen am Körper tragen, Auto nicht unbewacht stehen lassen, ..." - so hießen einige der gut gemeinten Ratschläge. Wir erlebten das Gegenteil: in der einsamsten Gegend, in dem abgelegenen Dorf Colti, lernten wir die nettesten, vertrauenswürdigsten und ehrlichsten Menschen kennen. Eine Woche lebten wir ohne Angst dort, ließen unseren Wagen überall stehen, starteten unsere Ausflüge in die Einsamkeit - lange Märsche zu den Aufschlüssen, wo es Bernstein geben sollte. Keine bösen Blicke, keine bettelnden Kinder, überall konnten wir fotografieren - keine Scheu, sondern Aufgeschlossenheit. Das war am Rande der Karpaten. Ein deutlich schlechteres Gefühl hatten wir später bei Ausflügen ins Flachland in die Nähe von Buzau-Bukarest.
Zurück in die langgezogene Schlucht nach Colti: viele sehr arme, aber glücklich scheinende Menschen, in Verhältnissen lebend, wie wir sie bei uns vor 100 Jahren kannten. Das Wasser holt man mit Eimern aus den vielen öffentlichen Ziehbrunnen, die ganz modernen sogar mit einer Kurbel und Kette. Das Reisig auf den Rücken gebunden auf jedem Rückweg vom Schafehüten, einige Hühner und Puten, manchmal sogar eine Kuh, per Hand bestelltes Ackerland - mit Ochsen, die die einfache Pflugschar ziehen. Als Fortbewegungsmittel dienen die Holzkarren, vom Ochsen oder Pferd gezogen, die moderneren sogar mit Gummibereifung und Nummernschild!


Aber auch einige besser situierte Familien, die in Steinhäusern wohnten, mit gepflegtem Garten, wie z.B. beim Sägewerkbesitzer, dessen Frau die Touristenattraktion betreut: ein kleines Museum ist Ausflugsziel in dieses abgelegene Dorf. Es zeigt einigen Bernstein und seine Förderung, altes Werkzeug, Bücher, Gesteine.
Und nun zu dem für den Bernsteinverrückten spannendsten Teil.

2. Tag:
Museumsbesuch, Einholen erster Infos, wo Aufschlüsse mit Bernstein wohl zu finden sind. Marsch die Schlucht hinauf und viele Aufschlüsse gesichtet, die durch den Bau der Straße (wenn man sie als solche bezeichnet) entstanden oder auch durch Bernsteinsucher? Zwischen gelb-bräunlich-grauem Sandstein ohne jegliche Fossilien immer wieder kohlehaltige Streifen, mal sehr brüchig und locker geschichtet, mal äußerst hart. Schnell sehen wir ein, dass wir so, d.h. durch blindes Suchen, wenig Aussicht auf Erfolg haben würden. Also zurück ins Dorf, Tennisbälle, Luftballons, Stifte usw. an die vielen Kinder verschenkt und mit Händen und Füßen klargemacht, was wir wollten. Die zwei pfiffigsten 8-12-Jährigen heuerten wir für den nächsten Tag als Führer an. Der eine holte uns sogar von zuhause einen kleinen winzigen Bernstein, den er selbst gefunden hatte.

3. Tag:
Die Jungs erwarteten uns schon aufgeregt und los ging die lange, anstrengende Wanderung. Über blühende, steile, mattenartige Wiesen, durch kleine Schluchten, über Bäche, bis zu einem Hang, an dem deutliche Abbauspuren zu erkennen waren: überall lag aufgeschlagenes Gestein. Die Jungs fanden auch schnell den ersten Bernsteinkrümel im Abraum und lieferten ihn bei uns ab. Ich suchte nach dem typischen kohlestreifenhaltigen Sandstein und fand einen Brocken. Quer zur Schichtung ein kräftiger Schlag, dann schlug mein Herz schneller. 2/3 eines ca. 30mm flachen schwarzen Ovals stand aus der feinen Kohleschicht heraus. Kohle oder Bernstein? Ganz zart an einer Ecke gepickert, etwas Material sprang ab und glitzernder Bernstein in der Sonne!! Ich verpackte den einige Kilo schweren Sandstein sorgfältig, denn ein Bernstein in der Ursprungsmatrix ist schon etwas ganz besonderes für die Vitrine!


Dann den Negativabdruck gesucht und gefunden. Dann die andere Hälfte des Brockens in immer kleinere Teile zerlegt - leider kein weiterer Bernstein.
Nach 3 Stunden vergeblicher Suche und Mittagspause ging's zum nächsten Aufschluss. Die Jungs führten uns eine Abkürzung, turnten einen steilen Abbruch hinunter, für uns eine erhebliche Herausforderung. Noch ein Aufschluss, noch eine verschüttete Mine (da sollte sie gewesen sein, zu sehen war absolut nichts), immerhin zwei Millimeterkrümel im Abraum. Das war die Ausbeute, nur ich war hochzufrieden. Ob die Jungs uns die richtigen Stellen wirklich gezeigt hatten oder kannten sie sie gar nicht? Ein möglichst alter Führer, am besten weit über 70 Jahre alt, musste es eigentlich besser wissen. Also fragen, suchen und gefunden: ein fast zahnloser Opa (60-90 Jahre?).

4. Tag:
Morgens: Ausflug zu einem berühmten Schlammvulkan nordwestlich von Buzau, höchst interessant!
Mittags: Treffen mit dem Sägewerkbesitzer und seinem Enkel, der auch mit auf Bernsteinsuche gehen wollte. Unterwegs den Opa abgeholt, der seine Spitzhacke schulterte und in seinen viel zu großen Gummistiefeln losmarschierte, stetiger, schneller Schritt. Wir mit dem Auto hinterher, das aber kaum schneller war, weil wir andauernd aussteigen mussten, um es durch Straßenabbrüche, Riesenlöcher usw. zu dirigieren. Erster Aufschluss: genau beobachteten wir, welche Schichten Opa bearbeitete, wie er teilweise ganz vorsichtig pickerte, mal heftiger zur Sache ging - ohne Erfolg.


Dann begannen wir mit unseren viel zu kleinen Gesteinshämmerchen. Gegen Abend, beim fünften Aufschluss, hatte "Orlando" Glück: ein schöner klarer, rotbrauner, aber krackeliger Bernstein in hartem Sediment, leider aufgesplittert und das Negativ nicht zu finden. Das war's für diesen Tag auch schon.

5. Tag:
"Orlando" besorgte uns bei den Einheimischen Spitzhacke und Schaufel und jetzt ging's richtig zur Sache, der eine hier, der andere dort. Zur Mittagspause wollten wir uns talaufwärts treffen. Aber sie kamen nicht, erst viel zu spät, denn L. und R. hatten einen kleinen Erfolg. R. im lockeren Kohlebereich einen außen stark angewitterten Bernstein, L. einen festen, unverwitterten Bernstein, leider aus dem Sediment gesprungen und das Negativ war trotz intensiver Suche nicht zu finden.


Dort probierte ich es zum Abschluss auch noch mal - bingo: ein schöner kleiner klarer Bernstein, außen schwarz, aber auch aus dem Sediment gefallen. Ich nahm mir ein paar typische Sedimentstücke mit.

Auch die Einheimischen finden nur noch selten kleinere Bernsteine. Größere wurden nur früher zu Minenzeiten gefunden, die Stollen gingen bis zu 120m weit in den Hang! Trotzdem konnten wir noch ein paar Belegstücke erwerben, die jetzt unsere Fundortsammlungen bereichern.

- - - Aufschluss
- - - - - Einschluss
- - - - - - - Kurzschluss
- - - - - - - - - Schnappschuss